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Angaben ausgeführt?« fragte Frau Desmarets.
Birotteau riskierte eine Lüge und ließ Frau Desmarets bei
ihrem Glauben.
Cäsarine tanzte jede Tour. Bei einem Konter wagte es
Anselm, mit dem reizenden Mädchen von seiner Liebe zu
sprechen; er brachte es aber, wie alle schüchtern Lieben-
den, nur auf einem Umwege zustande.
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»Mein Glück hängt von Ihnen ab, gnädiges Fräulein!«
»Wieso?«
»Der Erfolg in meinem Geschäft hängt davon ab, ob ich
hoffen darf.«
»So ? Dann hoffen Sie nur!«
»Wissen Sie auch, was Sie alles mit diesen zwei Worten
sagen ?«
»Hoffen Sie auf Ihr Glück!« wiederholte Cäsarine schel-
misch.
»Gaudissart«, sagte Anselm nach dem Konter zu seinem
Freunde, indem er ihm den Arm mit herkulischer Kraft
drückte, »mache deine Sache gut oder ich erschieße
mich! Wenn wir Glück haben, heiratet mich Cäsarine; sie
hat mir's eben gesagt. Gott, sieh doch, wie schön sie ist!«
»Ja, sie ist wirklich allerliebst! Und reich! Wir wollen sie
schon kriegen!«
Das gute Einverständnis zwischen Crottat, Roguins
Nachfolger in spe, und Fräulein Lourdots ward von Frau
Birotteau bemerkt. Sie vermochte sich nicht ohne
Verdruß von der Hoffnung zu trennen, ihre Tochter der-
einst als die Frau eines Pariser Notars zu sehen. Onkel
Pillerault setzte sich in einen Lehnsessel, betrachtete die
Spieler, hörte auf die Unterhaltung und kam von Zeit zu
Zeit an die Tür, um die Jugend tanzen zu sehen. Seine
Haltung war ganz die eines Philosophen.
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Die Männer sahen im allgemeinen grotesk aus; nur weni-
ge machten eine Ausnahme, wie du Tillet, der sich be-
reits die Manieren der großen Welt angeeignet hatte, der
junge de la Billardière, ein angehender Dandy, Julius
Desmarets und die offiziellen Persönlichkeiten. Aber all
die mehr oder minder komischen Figuren, denen die Ge-
sellschaft ihren Gesamtcharakter verdankte, übertraf eine
ganz besonders bizarre: der Tyrann aus dem »Holländi-
schen Hofe«. Er hatte einen grün und weiß melierten
Frack an, in dem er wie eine große Eidechse aussah; über
der roten Weste eine riesige Uhrkette mit einem Pfund
klappernder Berlocken. Dazu trug er feine, aber durch
langes Liegen vergilbte Wäsche und ein vorsintflutliches
Spitzenjabot, in dem eine Nadel mit einer bläulichen
Kamee steckte. Die schwarzseidenen Kniehosen zeigten
seine spindeldürren Beine. Cäsar führte ihn triumphie-
rend durch die vier Zimmer, die der Architekt im ersten
Stock geschaffen hatte.
»Hm, ja! Das haben Sie fein gemacht, Herr Birotteau!
Wie sie jetzt aussieht, ist meine erste Etage tausend Taler
wert!« Am liebsten hätte er auf der Stelle die Miete ge-
steigert.
Der Ball erlosch wie eine glänzende Rakete früh um fünf.
Von den hundert und einigen Wagen standen um die Zeit
noch etwa vierzig in der Rue Saint-Honoré. Man tanzte
zuletzt einen Großvater und dann noch einen Kotillon
und einen Galopp. Du Tillet, Roguin, Graf von Granville
und Julius Desmarets hatten gejeut, wobei du Tillet drei-
tausend Francs gewann. Dem letzten Tanze sahen auch
die Spieler zu, das Kerzenlicht erstarb im Morgengrauen.
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In bürgerlichen Kreisen arten Feste stets aus. Der vor-
nehmere Teil der Gäste hat sich entfernt; die heiße Luft
und der Wein steigen den Bleibenden in die Köpfe.
Selbst Matronen mischen sich unter die Tanzenden. Alles
überläßt sich mehr oder weniger der Narretei des Augen-
blicks. Die Männer, denen das Haar in das erhitzte Ge-
sicht hängt, werden in ihren Bewegungen albern und lä-
cherlich; die jungen Frauen lassen sich gehen, ihre
Frisuren lösen sich. Überall lautes Lachen. Scherze flie-
gen hin und her.
Matifat tanzte zu guter Letzt, einen Damenhut auf dem
Kopfe, Cancan. Die Frauen klatschten ihm, außer Rand
und Band, Beifall zu.
»Wie lustig sie alle sind!« sagte Birotteau glücklich.
»Wenn nur niemand was zerbricht!« meinte Konstanze
besorgt.
»Sie haben den wundervollsten Ball gegeben, den ich je
mitgemacht habe. Und das will was heißen!« schmeichel-
te du Tillet seinem ehemaligen Prinzipal.
Das großartige Finale aus der C-moll-Symphonie Beet-
hovens beschloß das Fest. Müde, aber glücklich, legte
sich die Familie Birotteau gegen morgen zur Ruhe. Der
Ball hatte einschließlich des Umbaues, der Herrichtung,
der neuen Möbel, der Bibliothek, der Toiletten, des Auf-
wands und so weiter alles in allem an die sechzigtausend
Francs gekostet.
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Acht Tage nach dem Fest das gewissermaßen das letzte
Strohfeuer im Herde eines Heims war, in dem der
Wohlstand achtzehn Jahre lang gehaust hatte betrachte-
te Birotteau die draußen auf der Straße Vorübergehenden
durch die Scheiben seines Ladens. Er dachte an seine
jetzigen Geschäfte. Sie lasteten auf ihm schwer wie Blei.
Bisher war alles in seinem Leben einfach gewesen. Er
hatte fabriziert, verkauft oder gekauft und wieder ver-
kauft. Jetzt brachten ihn die Terrainspekulationen, seine
Teilhaberschaft am Hause »Anselm Popinot & Co.« und
seine Wechselschuld von insgesamt hundertsechzigtau-
send Francs um seine Gemütsruhe. Diese hundertsechzig-
tausend Francs mußten entweder zum größten Mißfallen
seiner Frau immer wieder prolongiert werden, oder Popi-
nots Geschäft mußte derartig glänzend gehen, daß die
Wechsel davon bezahlt werden konnten. Das Komplizier-
te seiner Interessen ging ihm auf die Nerven; er kam sich
vor wie ein Kutscher, der mehr Zügel in den Händen hält,
als er zu handhaben sich imstande fühlt. Und wie kut-
schierte indessen Popinot? Birotteau stand ihm gegen-
über wie ein Gymnasialoberlehrer seinem Schüler: er
traute ihm absolut nichts zu und bedauerte, daß er nicht
immer hinter ihm stehen konnte. Der Fußtritt, den er ihm
versetzt hatte, um ihn bei Vauquelin zum Mundhalten zu
veranlassen, kennzeichnet die Befürchtungen, die der
junge Kaufmann seinem früheren Prinzipal bereitete.
Indessen hütete sich Birotteau gar wohl, sich von seiner
Frau, seiner Tochter oder Anselm durchschauen zu las-
sen. Aber was nützte ihm das ? Es ging ihm nunmehr,
wie es einem simplen Bootsführer von der Seine gehen
würde, wenn ihn der Marineminister zum Kommandan-
ten eines Linienschiffes machen möchte. Seine eigenen
Gedanken bildeten eine Art Nebel vor seiner Intelligenz,
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die wirklicher Gedankenarbeit wenig gewachsen war,
und so stand er da und suchte diesen Nebel zu durch-
leuchten.
Da erblickte er draußen auf der Straße ein Gesicht, gegen
das er eine starke Abneigung hegte, das Gesicht seines
zweiten Hauswirts, des kleinen Molineux. Das Leben ist
wie ein Märchen, in dem es einen bösen Geist gibt. Es
kam Birotteau seit einiger Zeit vor, als spiele Molineux
diese Rolle in seinem Dasein. Während seines Festes
hatte er beobachtet, daß Molineux mit haßerfüllten Teu-
felsaugen den Aufwand gemessen hatte. Als Birotteau
diesen Menschen jetzt wiedersah, erinnerte er sich seiner
Beobachtung.
»Herr Birotteau«, begann das Männchen mit seiner süßli-
chen Stimme, »in der Eile haben wir vergessen, unser
kleines Abkommen durch Ihre Unterschrift zu bekräfti-
gen.«
Birotteau nahm den Mietvertrag, um das Versäumte
nachzuholen. Währenddem trat der Baumeister Grindot
in den Laden, grüßte den Parfümhändler und ging um ihn
herum wie die Katze um den heißen Brei. Schließlich
sagte er ihm ins Ohr:
»Sie wissen: aller Anfang ist schwer! Sie sind zufrieden
mit meiner Leistung und so würden Sie mich sehr ver-
binden, wenn Sie mich honorierten.«
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