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des abgerungen hatte, war er der Verwirklichung seiner Pläne ein
gutes Stück nähergekommen. Und wenn es ihm heute abend auch
noch gelang, Hendrick mit der Tochter des Grafen zu verloben&
nun, dann war er seinen Plänen nicht nur ein gutes Stück näherge-
kommen, sondern praktisch am Ziel. Noch wenige Stunden, und die-
ses Land gehörte endgültig ihm.
Als er die Tür zu seinem Gemach hinter sich schloß, spürte er, daß
er nicht allein war.
Erschrocken fuhr er herum, gewahrte einen Schatten irgendwo in
nicht zu bestimmender Entfernung vor sich und tastete instinktiv
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nach dem schmalen Dolch, den er immer unter dem Wams trug;
schließlich konnte man nie wissen.
Aber sein Schrecken erwies sich als unbegründet. Der Schatten be-
wegte sich und kam näher. Skeven hörte das Rascheln von Seide und
verspürte zugleich einen sanften Veilchenduft. Er entspannte sich
und atmete hörbar auf; ein Geräusch, das dem unangemeldeten Be-
sucher in seinen Privaträumen nicht verborgen blieb, denn nach ei-
nem kurzen Zögern antwortete ein spöttisches Lachen darauf.
»Ihr seid schreckhaft wie immer, mein lieber Kanzler«, sagte Nad-
ja.
»Vorsichtig, nicht schreckhaft«, verbesserte sie Skeven. »Ein Mann
wie ich - «
»- tut sicher prinzipiell gut daran, zu Tode erschrocken zu sein,
wenn er unversehens einem Fremden gegenübersteht«, fiel ihm Nad-
ja ins Wort. »Wie kommt es, daß Ihr ganz ohne Wache unterwegs
seid. Ich dachte immer, Kraftstein begleitet Euch selbst ins Schlaf-
zimmer.«
Skeven zog es vor, nicht darauf zu antworten. Er mochte Nadjas
spöttische Art, aber manchmal wünschte er sich, sie wäre doch etwas
weniger direkt. Schließlich wußte man nie, wer zuhörte. Rasch ging
er an ihr vorbei und zog die Vorhänge auf.
Die Geräusche von draußen wurden lauter, aber das Licht machte
aus dem schlanken Schatten eine ebenso schlanke, dunkelhaarige
Frauengestalt, die mit vor der Brust verschränkten Armen an der
Wand neben der Tür lehnte und ihn musterte.
»Ist es nicht etwas gefährlich, hierher zu kommen?« fragte er. »Du
könntest alles verderben.«
»Kaum«, antwortete Nadja. »Niemand hat mich bemerkt. Und
selbst wenn - ich bin in offizieller Mission hier, habt Ihr das verges-
sen?«
Skeven blickte fragend, und Nadja fuhr in noch spöttischerem Ton-
fall und mit einer angedeuteten Verbeugung fort: »Ich habe den
Herrn Kanzler im Namen meiner Schwester um die Ehre zu bitten,
an diesem Abend den traditionellen Eröffnungstanz mit unserem
Prinzen tanzen zu dürfen.«
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»Wir werden darüber nachdenken«, antwortete Skeven im gleichen
Ton. Dann wurde er übergangslos ernst. »Glaubst du, daß sie es
schafft?«
»Den Tanz?« Nadja zuckte mit den Schultern. »Wenn sie nicht über
ihre eigenen Füße stolpert, sicher.«
»Ich meine es ernst«, sagte Skeven, nun leicht verärgert. »Es hängt
alles davon ab, daß sie einen guten Eindruck macht. Nicht auszuden-
ken, wenn der Prinz sie nicht heiratet und seinen Thron verliert.«
»Was geschähe dann?« fragte Nadja.
Skeven zuckte mit den Schultern. »Das ist noch nie vorgekommen.
Ich nehme an, die Suche nach einem anderen Thronfolger könnte
Jahre dauern. Und wer weiß - nachher findet sich irgendein Cousin
siebzehnten Grades, der herkommt und seinen rechtmäßigen An-
spruch geltend macht& «
»& wo Ihr doch der einzige im Lande seid, der einen rechtmäßigen
Anspruch auf den Thron hat«, fügte Nadja voller Ironie hinzu. »Ihr
habt recht, Kanzler. Nicht auszudenken.«
Skeven musterte sie scharf, aber er ging auch jetzt nicht weiter auf
das Thema ein. »Wenn du deine Schwester gut vorbereitet hast, ist
alles in Ordnung«, sagte er. »Der Prinz tut immer, was ich ihm rate.«
»Wie ich höre, hat er es heute bereits einmal getan«, fügte Nadja in
fragendem Tonfall hinzu. »Er war tatsächlich einverstanden, den
Wald zu verkaufen?«
»Ich glaube, er hat es nicht einmal gemerkt«, antwortete Skeven lä-
chelnd. »Er war mit Wichtigerem beschäftigt. Er mußte eines seiner
Gedichte schreiben.«
»Dann wollen wir nur hoffen, daß er sich heute abend noch daran
erinnert«, erwiderte Nadja. »Sagt - wollt Ihr tatsächlich die Steuern
senken?«
Skeven sah sie überrascht an. »Woher weißt du das?«
»Gute Neuigkeiten sprechen sich immer schnell herum«, antwortete
Nadja ausweichend. »Ihr wißt doch, Kanzler - die Wände hier haben
Ohren. Und Ihr und Kraftstein seid nicht die einzigen, die zu lau-
schen verstehen.«
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Skeven mustert sie sehr nachdenklich und nicht sehr freundlich.
War das eine Warnung gewesen? Aber dann nickte er nur und sagte:
»Ja, aber natürlich nicht alle. Ich denke da an ganz gewisse Steu-
ern& und natürlich an andere, die zum Ausgleich erhöht werden
müßten. Außerdem gibt es noch andere Möglichkeiten, den Verlust
wieder auszugleichen. Vielleicht lasse ich den einen oder anderen
Feiertag abschaffen& mir fällt schon etwas ein.«
»Da bin ich sicher«, sagte Nadja.
Wie es zur Feier des Frühlingsfestes üblich war, hatte man die Pa-
lasttore geöffnet, um auch die einfachen Leute von der Straße einzu-
lassen, und zum ersten Mal, so lange Kraftstein sich zurückerinnern
konnte, war ihm nicht wohl dabei. Er hatte die Wachen angewiesen,
sich zwar wie üblich im Hintergrund zu halten, aber an diesem A-
bend besonders wachsam zu sein, und vor allem jeden im Auge zu
behalten, den sie nicht von Angesicht kannten. Den ganzen Tag über
hatte er an seine unheimliche Begegnung im Wald zurückdenken
müssen, und Mercants Erklärung, daß es sich bei den Bewaffneten
nur um seine persönliche Leibwache handelte, hatte keineswegs zu
Kraftsteins Beruhigung beigetragen. Ganz im Gegenteil. Wenn die
Männer tatsächlich nur die Wache des Barons darstellten, wieso hiel-
ten sie sich dann Meilen von ihm entfernt im Wald auf?
Die Musik setzte ein, und die ersten, noch zaghaften Töne, die an
sein Ohr drangen, rissen ihn aus seinen düsteren Überlegungen zu-
rück in die Wirklichkeit. Kraftstein überzeugte sich mit einem ra-
schen Blick davon, daß alle Männer auf ihren Posten waren und ta-
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