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Verbrechen wäre.
Welch ein Traum, die berühmte erste Seite der Londoner
Times, die nur aus Werbung bestand. »Heute ist nichts
passiert, und das sagen wir euch dadurch, daß wir auf die
erste Seite nur Kleinanzeigen setzen. Wir üben unseren
Beruf aus, der darin besteht, euch zu sagen, was wichtig
ist. Heute sagen wir euch, daß nichts wichtig ist.« Aber
nicht einmal die Times befolgt heute noch diese goldene
Regel.
Früher, wenn ich nichts Wichtiges fand, worüber ich
schreiben konnte, habe ich kleine Spielchen gemacht, ab-
surde Gedankenverbindungen, Anagramme. Aber unsere
heutige Zeit scheint mir keine zum Spielen zu sein. Zu
viele spielen inzwischen, und zwar russisches Roulette.
Heute ist mir wirklich danach, einfach gar nichts zu sa-
gen. Ich habe nichts Neues, alles ist schon gesagt worden.
Das ist die Nachricht, die zu geben ich die Pflicht habe. Es
gibt Momente, in denen das Schweigen die einzige Nach-
richt ist. Aber wenn man schweigt, glauben die anderen,
man hätte ein Geheimnis. Voilà, dies ist der Knüller: Ich
habe nicht einmal Geheimnisse. Vielleicht haben Sie wel-
che. Versuchen Sie doch mal, etwas Wichtiges zu schrei-
ben. Ich biete Ihnen einen Absatz an. Ersetzen Sie jedes X
durch einen anderen Buchstaben Ihrer Wahl, setzen Sie
Leerpunkte ein und bestimmen Sie die Grenzen der Wörter.
Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx.
Entschuldigen Sie, wenn ich den Eindruck erweckt habe,
ich sei faul. Ich bin im Gegenteil sehr fleißig und präzise:
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Ich habe nichts Interessantes zu sagen (das steht fest, ich
könnte beim Leben meiner Kinder darauf schwören, wenn
das nicht kitschig wäre), aber vielleicht liegt das daran,
daß es tatsächlich nichts Interessantes zu sagen gibt. Ist
das nicht eine tolle Nachricht? Sagen Sie jetzt bitte nicht,
Sie wollten Ihr Geld zurückhaben. Teilen Sie die Zahl der
Seiten dieses Espresso durch seinen Preis, und Sie werden
feststellen, daß ich Ihnen ungefähr sechzehn Lire geraubt
habe. Wenig dafür, daß Sie jetzt (für diesmal zumindest)
die Wahrheit wissen, die ganze Wahrheit und nichts als
die Wahrheit.
1994
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Warum Bücher unser Leben verlängern
Wenn ich heute Artikel lese, die sich besorgt über die Zu-
kunft der menschlichen Intelligenz äußern, weil neue Ma-
schinen sich anschicken, unser Gedächtnis zu ersetzen,
kommt mir das irgendwie bekannt vor. Wer sich ein biß-
chen auskennt, denkt sofort an jene oft zitierte Stelle aus
Platons Phaidros, wo erzählt wird, wie der ägyptische Kö-
nig Thamus dem Gott Theuth, der die Schrift erfunden hat,
erschrocken prophezeit, durch diese unselige Erfindung
würden die Menschen verlernen, sich zu erinnern und
folglich zu denken.
Das gleiche Erschrecken muß denjenigen überkommen
haben, der zum ersten Mal ein Rad sah. Er wird gedacht
haben, jetzt würden die Menschen das Gehen verlernen.
Vielleicht waren die Menschen jener Zeiten begabter als
wir zum Marathonlauf in Wüsten und Steppen, aber sie
starben früher, und heute würden sie beim Militär wegen
hoffnungsloser Disziplinlosigkeit ausgemustert. Damit
will ich nicht sagen, daß wir uns über nichts Sorgen zu
machen brauchen und daß wir eine schöne gesunde
Menschheit haben werden, die gewohnt ist, Picknick auf
der Wiese von Tschernobyl zu machen; allenfalls hat uns
die Schrift befähigt, schneller zu begreifen, wann wir an-
halten müssen, und wer nicht anhalten kann, ist ein Anal-
phabet, auch wenn er sich auf vier Rädern bewegt.
Ein Unbehagen gegenüber neuen Formen von Gedächt-
nisspeicherung hat sich zu allen Zeiten gemeldet. Ange-
sichts der gedruckten Bücher  gedruckt auf dünnem Pa-
pier, das befürchten ließ, es werde nicht länger als fünf-
bis sechshundert Jahre halten, zumal wenn man bedachte,
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daß diese Dinger nun durch alle Hände gehen konnten,
wie Luthers Bibel  gaben die ersten Käufer ein Vermö-
gen aus, um die Anfangsbuchstaben der Kapitel von Hand
malen zu lassen, damit es so aussah, als besäßen sie echte
Handschriften auf Pergament. Heute sind diese illustrier-
ten Inkunabeln unbezahlbar, aber die Wahrheit ist, daß ge-
druckte Bücher es nicht mehr nötig hatten, mit Miniatur-
malerei versehen zu werden. Was haben wir also gewon-
nen? Was hat die Menschheit gewonnen durch die
Erfindung der Schrift, des Buchdrucks, der elektronischen
Gedächtnisse?
Der Verleger Valentino Bompiani hat einmal das Motto [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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